Erlebnisse von Lorenz

 

 Als Henriette kam

 

Man hätte es nicht vermuten können. Nein, nichts wies darauf hin, dass dieser Tag so eine Wendung ins Leben bringen würde. Es war die gleiche Weide wie gestern, schade. Das Beste war schon abgefressen. Der Hirte hatte die gleiche Hose an, vorne am Knie war ein Loch. Sogar das Wetter war gleich – Sonne – leichtes Lüftchen.

 

Ich bin Lorenz. Seit meiner Geburt gehöre ich zur Schafherde. Ich bin nicht mehr klein, aber Mama sagt, ich bin auch noch nicht groß.

Heute war so ein ganz normaler Tag. Und dann stand es plötzlich vor uns, ein neues Schaf. Der Hirte holte es aus seinem Viehanhänger.  Alle schauten hoch und bewegten sich auf das neue Schaf zu.

 

Unser Oberschaf sagte: „ Ich bin Paul, willkommen in unserer Herde!“ „Ich bin Henriette“, antwortete das neue Schaf, lächelte und steckte die Nase ins Gras. Alles starrte auf Henriette. Otto flüsterte laut: „Habt ihr das gesehen, die hat ein schiefes Ohr, wie mag die so rumlaufen?“   „Ja, wirklich!“ Die älteren Weiber (so nenne ich sie immer) standen hinten und reckten die Hälse. „Ja, wirklich, ach das wäre mir aber peinlich“, tönte Adelheide.

 

Der Hirte trieb uns ein wenig auseinander. Doch alle steckten ihre Köpfe ins Gras und mit einem Auge wurde Henriette beobachtet. Überall  wurde getuschelt. „Wer weiß, wo er die aufgetrieben hat. Na, das kann ja noch was werden“, meinte Gerhard wichtig.

 

Als es Mittag war, verzogen wir uns in den Schatten der Bäume. Henriette folgte uns. „Darf ich mich hier hinlegen?“, fragte sie Gerhard. Alle blickten auf, sie will neben Gerhard liegen! Gerhard wusste nicht recht, was er antworten sollte und starrte sie an. „Du hast ein schiefes Ohr“, knurrte er schließlich. „Na und“, lächelte

Henriette, „du hast einen Fleck auf der Nase“. Wir schauten Gerhard an. Der wurde rot. Otto lachte: „Tatsächlich Gerhard, das habe ich noch nie gesehen!“ „Und du hast eine Zahnlücke“, bemerkte Henriette. Otto zuckte zusammen. Henriette lachte laut: „Wir sind alle verschieden, das ist doch schön!“

 

Alles schwieg für einen Moment. Paul ergriff als erster das Wort: „Stimmt, ich habe viel wuscheligere Ohren als ihr.“ Und nach und nach überlegte jedes Schaf, was es besonderes hatte. Der eine hatte einen Fleck auf dem Bauch oder am Bein, wieder ein anderer hatte unterschiedlich lange Beine.

 

„Ich habe die lautesten Pupser“, rief ich. Mama ermahnte mich gleich, jedoch mit einem Lächeln. Bis in den Nachmittag erklärte jeder, was er Besonderes hatte. Es wurde viel gelacht und gestaunt.

 

Als die Sonne unterging, war es anders als sonst. Wir waren eine Herde, aber jeder war, wie er war und das war gut, das war sogar sehr gut.                                                

            

 

 

 


Sommer in Ostfriesland

 

  Wind – seit Tagen schon

  bläst er mir ins Gesicht.

  Sonne wechselt sich mit Regen.

  Richtig Sommer ist das nicht!                        

 

 

                              Geh – geh durch die Wiesen

                              Riech’ den Duft nach Heu

                              Atme, spür die Bewegung,

                              spür das Leben wieder neu

 

                              Und sieh -  sieh die Weite

                              Heb’ den Blick, nur zu!

                              Sonnenstrahlen tanzen übers Land

                              Und mittendrin stehst du.

 

                              Fahr - nimm Dein Fahrrad!

                              Der Wind erzählt das Leben hier.

                              Lass Felder, Dörfer, Deine Gedanken.

                              Lass los, lass es hinter Dir.

 

 

  Ich ging, ich sah, ich fuhr,

  begegnete ostfriesische Natur

  und einen Sommer auf eigne Art,

  der voll Leben war und gut mir tat.